Droste Pad - ein gemaltes Bild: pinke Wand mit orangen Bilderrahmen, in denen Fragezeichen zu sehen sind.

Wo man am meisten fühlt…

Du bist immer Teil einer Familie, ihrer Geschichten, ihrer Lebensgewohnheiten und ihrer Umgangsformen. Was macht das mit dir? Im Workshop zum Thema „Meine Familie und ich“ findest du es heraus.
Thema
Familie Droste Adel
Alter
9–12
Dauer
90 Minuten
Material
Bild Text Audio
Sprache
Deutsch
1. Droste und ihre Familie

Ich bin Annette. Also eigentlich Anna Elisabeth Franzisca Adolphine Wilhelmine Louise Maria von Droste-Hülshoff. Wie es dann zur Annette kam? Keine Ahnung. Ich wurde von klein auf Nette oder Anette genannt. Meine Familie wohnte von 1417 bis 2012 auf einer Burg – wie es sich für eine adelige Familie gehört. Auf Burg Hülshoff im Münsterland. Und in meiner Familie gab es so fast alles: Ritter, Musiker, Musikdirektor, Bürgermeister, Patenkind vom Bischof…– und natürlich mich, die Dichterin, auch wenn ich erst mit 40 Jahren so richtig bekannt wurde. In meiner Zeit war es für eine Frau auch sehr ungewöhnlich Schriftstellerin zu sein.

Meine Eltern waren beide Nachfahren eines uralten Adelsgeschlechtes. Mein Vater, Clemens-August von Droste-Hülshoff, war lieb, aber vielleicht ein bisschen versponnen. Er galt als völlig ungeeignet, das Erbe der alten Generation der Droste-Hülshoff weiterzuführen, weil er den Kopf voller seltsamen Ideen hat. Bevor er meine Mutter traf, heiratete er mit 29 Jahren Rosina von Boeselager, die er tatsächlich liebte, die aber schon ein halbes Jahr nach der Hochzeit starb. Er durfte das Erbe seiner Familie aber nur behalten, wenn er mit einer katholischen Frau einen Sohn zustande kriegte. Er klapperte also alle Stifte ab, in denen die heiratsfähigen Töchter des Adels untergebracht waren und fand schließlich meine zukünftige Mutter, Therese von Haxthausen. Sie heirateten 1793, meine Mama war einundzwanzig Jahre alt.

Zuerst kam meine Schwester Maria Anna genannt Jenny auf die Welt. Dann kam ich. Allerdings zwei Monate zu früh. Meine Mama stürzte auf glattem Eis – und meine Geburt ging los. Meine Mama hat mich nicht gestillt und so wurde eine Amme eingestellt – also eine Frau, die selbst gerade ein Kind geboren hatte und mich mitstillen konnte. Diese Frau, Maria Catharina Plettendorf, wurde wie eine zweite Mutter für mich und wir hielten ein Leben lang Kontakt.

Aber immer noch gab es keinen Erben. Dieser kam ein Jahr später – mein Bruder, Werner Konstantin. Und – damit es wirklich keine Probleme mit dem Erbe gab – kam drei Jahre später zur Unterstützung mein Bruder Ferdinand – mein Lieblingsbruder.

Meine Eltern waren total unterschiedlich. Meine Mama war eher praktisch, energisch und streng. Ich würde sagen sie war eine „kluge, rasche und tüchtige Hausregentin“. Außerdem war sie für unsere Erziehung zuständig. Zu einer ihrer vielen strengen Regeln gehört vor allem: „Über das, was einen im Innersten bewegt, spricht man nicht“. Es war ihr unglaublich wichtig, den äußeren Schein zu wahren. Mein Papa hingegen war eher eine Art Schöngeist, ein Tagträumer. Er war musikalisch, empfänglich für Fantasie, beschäftigte sich mit Blumen- und Vogelzucht, war gründlich, geduldig und vertraute in Gott. Er spielte uns auf seiner Geige vor, streifte mit uns durch die Natur und erzählte viele Geschichten über unsere Familie. Aus der Erziehung hielt er sich eher raus. Meine Eltern waren für die damalige Zeit schon besonders. Und wie sie uns erzogen erst recht. Statt „Herr Vater“ und „Frau Mutter“ durften wir einfach „du“ zu ihnen sagen. Es war völlig normal, dass wir mit unseren Angestellten zusammen auf Bauernfesten feierten. Hochnäsig zu sein war uns fremd. Artig und dressiert mussten wir zuhause nicht sein. Meinen Eltern war es wichtig, dass wir die Dinge nicht nur nachplapperten, sondern wirklich verstanden, warum etwas ist, wie es ist. Meine Mutter war davon überzeugt, dass ich und meine Schwester als Mädchen dasselbe Recht auf Bildung hatten wie meine Brüder. Das war zu meiner Zeit absolut nicht die Regel. Ohne meine Eltern – wer weiß ob ich Schriftstellerin geworden wäre.

Ich liebe meine Eltern sehr und trotzdem habe ich manchmal das Gefühl, dass sie mich nicht verstehen, oder verstehen wollen. Manchmal fühle ich mich einfach fremd.

2. Die Ahnengalerie

So sieht es jetzt im Wohnzimmer auf der Burg Hülshoff aus, auf der ich geboren wurde. Eine prächtige Ahnengalerie hängt an der Wand. Auf den damals gemalten Bildern waren alle meine Familienangehörigen zu finden. Wenn es nach mir geht, fehlen einige Portraits – zum Beispiel von meiner Amme, die mich neben meinen Eltern mit großgezogen hat, oder einigen guten Freund*innen. Denn für mich gehören sie zu meiner Familie. Wer würde in deiner Ahnengalerie hängen? Wer gehört für dich alles zu deiner Familie? Wer hängt an welchem Platz und wo hängt ein Bild von dir? Zeichne deine Familiengalerie in die Vorlage.

Vielleicht gibt es einige, die ihre Familiengalerie der Gruppe vorstellen wollen?

Egal woher deine Familie kommt, wie jung oder alt die Menschen in deiner Familie sind, ob deine Familie groß oder klein ist, ob ihr verwandt seid oder nicht, ob du viele, wenige oder gar keine Geschwister hast, ob Haustiere zu deiner Familie gehören oder nicht: Es gibt nie nur dich alleine. Du bist immer Teil dieser Familie, ein Teil dessen, wie ihr miteinander umgeht, welche Geschichten ihr euch erzählt, welche Gewohnheiten ihr habt.

3a. Ich in meiner Familie

Keine Familie ist wie die andere. Und wie sie ist, das macht was mit dir. Vielleicht ähneln sich ja sogar einige Dinge. Auf diesem Arbeitsblatt erzähle ich dir jetzt zehn Dinge aus meiner Familie.

Nimm einen roten, einen grünen und einen blauen Stift zur Hand. Male das Kästchen hinter dem Satz in rot aus, wenn es in deiner Familie anders ist. Male es grün aus, wenn es genauso oder ähnlich wie bei dir zuhause ist. Wenn du dir nicht sicher bist oder vielleicht auch nichts sagen möchtest, malst es ihn blau an. Mach diese Arbeit nur für dich.

3b. Vielleicht Geschichten? Zusatzaufgabe

Es gibt immer Dinge in deiner Familie, die passiert sind, bevor du da warst. Familie ist ein Meer der Erinnerungen. Wurden dir in deiner Familie Geschichten von früher erzählt? Erzählt ihr jetzt immer noch davon? Welche gemeinsamen Erinnerungen habt ihr? Ich bin neugierig. Ein paar Beispiele habe ich mitgebracht:

Familienerinnerung Nr 1
Familienerinnerung Nr 2
Familienerinnerung Nr 3
Familienerinnerung Nr 4

Magst du vielleicht auch Geschichten aus deiner Familie teilen? Welche Erinnerungen erzählt ihr euch in deiner Familie?

Sprich sie auf und lade sie danach herunter.

4. Traditionen - Ich packe meinen Koffer…

 

Jede*r kennt das Spiel „Ich packe meinen Koffer“. Aber in seinen Koffer packt man meistens Dinge aus dem eigenen Zuhause. Wenn du allein in die Fremde reisen würdest, was würdest du mitnehmen und warum? Was würdest du zurücklassen wollen? Welche Sätze werden bei dir in der Familie oft gesagt? Welche Aufgabe musst du übernehmen? Welche Regeln gibt es in deiner Familie? Welche Momente mit Personen aus deiner Familie findest du besonders schön?

Wenn ich dieses Spiel spielen würde, hätte ich vielleicht so geantwortet:

  1. Ich packe meinen Koffer nach Ecuador und nehme die Abende am Kamin mit meinem Papa mit, an denen er uns Geschichten aus der Familie erzählt hat, weil ich es sehr beeindruckend finde, was alles schon in unserer Familie passiert ist.
  2. Ich packe meinen Koffer nach Ecuador und lasse auf jeden Fall den Satz meiner Mutter zurück: „Es ist wichtig, den äußeren Schein zu wahren“, weil ich es wichtig finde, darüber sprechen zu können, was einen im Innersten bewegt.

 

Wie würdest du antworten? 

5. Meine Familie hat als Wappen..

Natürlich hat meine Familie als Adelige auch ein eigenes Familienwappen. Ein Barsch mit Flügeln. Dazu gehört unser sogenannter Familienleitspruch „Aus dem Kerker strebe ich zum Himmel“. Was das genau bedeuten soll? Was denkst du? Ich zumindest habe mir auch des Öfteren gewünscht, dieser Barsch zu sein und fliegen zu können.

Wie sieht dein Familienwappen aus? Was ist darauf zu sehen? Und welchen Leitspruch würdest du deiner Familie geben?

Pad entwickelt von David Kilinc und Cornelia Kupferschmid "Fetter Fisch - Performance | Theater"